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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

der Phantasie, subjektiv in furchtbare Mächte verwandelt, und es ist die Phantasie selbst, die das Furchtbare nicht bloß durch Vergleichung entdeckt, sondern es ohne einen hinreichenden objektiven Grund dazu zu haben, eigenmächtig erschafft. Dieß ist der Fall beym Ausserordentlichen und beym Unbestimmten.

Dem Menschen, im Zustand der Kindheit, wo die Einbildungskraft am ungebundensten wirkt, ist alles schreckhaft was ungewöhnlich ist. In jeder unerwarteten Erscheinung der Natur glaubt er einen Feind zu erblicken, der gegen sein Daseyn gerüstet ist, und der Erhaltungstrieb ist sogleich geschäftig, dem Angriff zu begegnen. Der Erhaltungstrieb ist in dieser Periode sein unumschränkter Gebieter, und weil dieser Trieb ängstlich und feig ist, so ist die Herrschaft desselben ein Reich des Schreckens und der Furcht. Der Aberglaube, der in dieser Epoche sich bildet, ist daher schwarz und fürchterlich, und auch die Sitten tragen diesen feindseligen finstern Karakter. Man findet den Menschen früher bewaffnet als bekleidet, und sein erster Griff ist an das Schwerdt, wenn er einem Fremdling begegnet. Die Gewohnheit der alten Taurier, jeden Ankömmling, den das Unglück an ihre Küste führte,

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_353.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)