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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält.

fodert bloß, aber bedarf nicht; dieses auf Befriedigung eines Anliegens: denn der Sinn bedarf bloß, und kann nicht fodern. Beyde, die Foderungen der Vernunft und die Bedürfnisse des Sinnes, verhalten sich zu einander wie Nothwendigkeit zu Nothdurft, sie sind also beyde unter dem Begriff von Necessität enthalten; bloß mit dem Unterschied, daß die Necessität der Vernunft ohne Bedingung, die Necessität der Sinne bloß unter Bedingungen statt hat. Bey beyden aber ist die Befriedigung zufällig. Alles Gefühl, der Lust sowohl als des Beyfalls, gründet sich also zuletzt auf Uebereinstimmung des Zufälligen mit dem Nothwendigen. Ist das Nothwendige ein Imperativ, so wird Beyfall, ist es eine Nothdurft, so wird Lust die Empfindung seyn; beyde in desto stärkerem Grade je zufälliger die Befriedigung ist.

Nun liegt bey aller moralischen Beurtheilung eine Foderung der Vernunft zum Grunde, daß moralisch gehandelt werde, und es ist eine unbedingte Necessität vorhanden, daß wir wollen, was recht ist. Weil aber der Wille frey ist, so ist es (physisch) zufällig, ob wir es wirklich thun. Thun wir es nun wirklich, so erhält diese Uebereinstimmung des Zufalls im Gebrauche der Freyheit mit dem Imperativ der

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band4_058.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)