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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält.

O du, Gespielin der Kolossen,
O weise, zürnende Natur,
Was je ein Riesenherz beschlossen,

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Es keimt’ in deiner Schule nur;

Wohl ist Arkadien entflohen.
Des Lebens bessre Frucht gedeiht
Durch sie, die Mutter der Heroen,
Die eherne Nothwendigkeit. —

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Für meines Lebens goldnen Morgen

Sei Dank, o Pepromene, dir!
Ein Saitenspiel und süße Sorgen
Und Träum’ und Thränen gabst du mir;
Die Flammen und die Stürme schonten

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Mein jugendlich Elysium,

Und Ruh’ und stille Liebe thronten
In meines Herzens Heiligthum.

Es reife von des Mittags Flamme,
Es reife nun vom Kampf und Schmerz

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Die Blüth’ am gränzenlosen Stamme,

Wie Sprosse Gottes, dieses Herz!
Beflügelt von dem Sturm, erschwinge
Mein Geist des Lebens höchste Lust,
Der Tugend Siegeslust verjünge

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Bei kargem Glücke mir die Brust!


Im heiligsten der Stürme falle
Zusammen meine Kerkerwand,
Und herrlicher und freyer walle,
Mein Geist in’s unbekannte Land!

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Hier blutet oft der Adler Schwinge;

Auch drüben warte Kampf und Schmerz!
Bis an der Sonnen lezte ringe,
Genährt vom Siege, dieses Herz.

Hölderlin.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band4_224.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)