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ähnlicher Wirkung vorgenommen werden (a. A. Wandtke/Grassmann, a. a. O., S. 893 f. mit de lege ferenda beachtlichen Gründen).

Die Vorschrift des § 53 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UrhG beruht auf Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 v. 22. Juni 2001, S. 10; im Folgenden: Informationsgesellschafts-Richtlinie). Nach deren Erwägungsgrund 40 soll eine Nutzung im Zusammenhang mit der Online-Lieferung von geschützten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen nicht – generell – unter die Ausnahme oder Beschränkung zu Gunsten bestimmter nicht kommerzieller Einrichtungen wie der Öffentlichkeit zugänglicher Bibliotheken fallen, während gemäß Erwägungsgrund 37 die nationalen Regelungen über die Reprografie unberührt bleiben sollten. Dem folgend wollte der Gesetzgeber gerade digitale Kopien von den Privilegierungen des § 53 Abs. 2 Nr. 3 und 4 UrhG ausschließen (vgl. BT-Drs. 15/38 S. 21: „Für alle Formen reprografischer Vervielfältigungen [Satz 2 Nr. 1]“, Hervorhebung nur hier; Loewenheim in: Schricker, UrhG, 3. Aufl. 2006, § 53 Rz. 32a). Entsprechend wird auch im Entwurf der Bundesregierung eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 15. Juni 2006 (BT-Drs. 16/1828) der Kopienversand in elektronischer Form erstmals angesprochen (vgl. § 53a Abs. 1 Satz 2 UrhG-E) und diese Regelung als vorsichtige Übertragung des für den Post- und Faxversand ausgewogenen Verhältnisses in das digitale Umfeld bezeichnet (a. a. O., S. 27 li. Sp. unten). Bei der Anfertigung digitaler Vervielfältigungen kann deshalb von einem Verfahren mit ähnlicher Wirkung wie fotomechanische Verfahren i. S. d. derzeit geltenden § 53 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UrhG nicht gesprochen werden.

Mit dieser Auslegung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seiner Auffassung, dass mit der ähnlichen Formulierung „durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung“ in § 54a Abs. 1 UrhG auch digitale Vervielfältigungsverfahren erfasst werden (vgl. Senat GRUR-RR 2006, 126 [127] – CD-Kopierstationen; GRUR-RR 2006, 121 [122 f.] – PCs). Denn § 54a Abs. 1 UrhG regelt die Vergütungspflicht für alle gemäß § 53 UrhG erlaubten Nutzungen, zu denen jedenfalls im Rahmen des § 53 Abs. 1 UrhG auch digitale Vervielfältigungen gehören, und muss daher auch diese erfassen. Dagegen regelt § 53 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UrhG die gegenüber der Vergütungspflicht vorrangige Frage, was erlaubt ist.

Empfohlene Zitierweise:
Entscheidung des Oberlandesgerichts München „Kopienversand“ vom 10. Mai 2007, Aktenzeichen: 29 U 1638/06., Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_OLGM_29U1638_06_029.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)