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– Hier, hier auf Herz und Stirne zeigend. So ganz, so anders. Die träge Farbe reicht nicht den himmlischen Geist nachzuspiegeln, der in seinem feurigen Auge herrschte. Weg damit! dis ist so menschlich! Ich war eine Stümperinn.

D. a. Moor. Dieser huldreiche erwärmende Blick – wär er vor meinem Bette gestanden, ich hätte gelebt mitten im Tode! Nie, nie wär ich gestorben!

Amalia. Nie, nie wärt ihr gestorben! Es wär ein Sprung gewesen, wie man von einem Gedanken auf einen andern und schönern hüpft – dieser Blik hätt euch übers Grab hinübergeleuchtet. Dieser Blick hätt’ euch über die Sterne getragen!

D. a. Moor. Es ist schwer, es ist traurig! Ich sterbe, und mein Sohn Karl ist nicht hier – ich werde zu Grabe getragen, und er weint nicht an meinem Grabe – wie süß ists, eingewiegt zu werden in den Schlaf des Todes von dem Gebet eines Sohns – das ist Wiegengesang.

Amalia schwärmend. Ja süß, himmlisch süß ists, eingewiegt zu werden in den Schlaf des Todes von dem Gesang des Geliebten – vielleicht träumt man auch im Grabe noch fort – ein langer, ewiger unendlicher Traum von Karln bis man die Glocke der Auferstehung läutet – aufspringend entzückt. und von izt an in seinen Armen auf ewig, Pause. Sie geht ans Klavier, und spielt.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Die Räuber. Frankfurt und Leipzig: 1781, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Schiller_Die_R%C3%A4uber_063.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)