Seite:De Schiller Die Räuber 193.jpg

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gekommen ist: aber er wird garstig betrogen. Ich habs immer gelesen, daß unser Wesen nichts ist als Sprung des Geblüts, und mit dem lezten Blutstropfen zerrinnt auch Geist und Gedanke. Er macht alle Schwachheiten des Körpers mit, wird er nicht auch aufhören bey seiner Zerstörung? nicht bey seiner Fäulung verdampfen? Laß einen Wassertropfen in deinem Gehirne verirren, und dein Leben macht eine plötzliche Pause, die zunächst an das Nichtseyn gränzt, und ihre Fortdauer ist der Tod. Empfindung ist Schwingung einiger Saiten, und das zerschlagene Klavier tönet nicht mehr. Wenn ich meine sieben Schlösser schleifen lasse, wenn ich diese Venus zerschlage, so ists Symmetrie und Schönheit gewesen. Siehe da! das ist eure unsterbliche Seele!

Moser. Das ist die Philosophie eurer Verzweiflung. Aber euer eigenes Herz, das bey diesen Beweisen ängstlich bebend wider eure Rippen schlägt, straft euch Lügen. Diese Spinnweben von Systemen zerreißt das einzige Wort: du must sterben! – ich fordere euch auf, das soll die Probe seyn, wenn ihr im Tode annoch feste steht, wenn euch eure Grundsätze auch da nicht im Stiche lassen, so sollt ihr gewonnen haben; wenn euch im Tode nur der mindeste Schauer anwandelt, weh euch dann! ihr habt euch betrogen.

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Friedrich Schiller: Die Räuber. Frankfurt und Leipzig: 1781, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Schiller_Die_R%C3%A4uber_193.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)