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Wirthes junge Tochter, da ließ das Herzeleid um ihren Herrn sie nimmer schlafen; und als an einem Tage ein weiser Meister zu dem Herrn sprach. „Ich will Euch heilen; aber schaffet eine Jungfrau, die um Euch den Tod erkieset und aus der Brust sich das lebendige Herz will schneiden lassen!“ da, während der Herr und ihre Eltern sich entsetzten, rief das Kind. „Die Jungfrau, die bin ich! Nehmt nur das Messer, daß mein Herr genese!“

Ein schwerer Seufzer rang sich aus Dagmars Brust; sie griff nach ihrer Base Hand, als müsse sie den Strom der Dichtung hemmen. Dann aber brach ein so erhaben Leuchten aus des Kindes Augen, daß die Base die Schriftrolle hinwarf und sie mit Hast in ihre Arme zog. „Kind, Kind! Ich glaub’ fürwahr, Du könntest selbigs auch!“

- „Ja, Bas’! – War das die Minne?“

„O Kind, Gott hüt Dich vor der Minne!“ Und die Base packte erschreckt das Schriftwerk an die Seite.

- So war Dagmar fast sechzehn Jahr geworden, und noch immer war sie zarteren Leibes, als sonst die Menschen sind. Da sie eines Tages eine Hand voll weißer Anemonen dem Vater in einen Krug ordnete, sah er ihr zu wie einem Wunder: „Du bist

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Theodor Storm: Ein Fest auf Haderslevhuus. Berlin: Paetel, 1886, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Ein_Fest_auf_Haderslevhuus_137.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)