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Kerze, die auf dem Tische stand. Das schöne Weib saß unbeweglich mit gestütztem Haupte. Da öffnete sich die Thür und Gaspard der Rabe trat herein. „So kommst Du endlich?“ sprach sie und warf ihre müden Augen auf ihn.

„Wohl, Herrin.“

„Dein Kopf hat sich verrechnet,“ sprach sie wieder. „Dein Herr schlief unter einem Dach mit mir; doch fern, in einer Bodenkammer; er hat das Edelwild verschmäht, das seiner wartete.“

„Ich weiß das, Herrin,“ antwortete der Schreiber; „er hat das Raubthier nicht erjagen können; es wird ihm nur die Wildkatz’ vor seinen Augen noch gesprungen sein.“

„Laß Deine Narretheidung!“ sprach Frau Wulfhild finster. „Ich sagte Dir einstmals, ich sei keine Henne; nun willst Du mich gar reuen lassen, daß ich keine Wildkatz’ sei! – Ich fürchte wohl, hier ist ein ander Thier im Spiel!“

„Was sagt Ihr, Herrin?“ und Gaspard richtete seine spitzen Ohren auf.

„Sieh meine Hand, Gaspard; – und fühl’ sie auch!“ rief Frau Wulfhild und legte ihre weiße Hand an seine gelbe Wangen. „Nun – schauderst Du noch nicht?“

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Theodor Storm: Ein Fest auf Haderslevhuus. Berlin: Paetel, 1886, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Ein_Fest_auf_Haderslevhuus_152.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)