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unterbrach sie sich – „wo waret Ihr denn damals?“

„In Paris,“ sagte er leise, als wolle er den Laut der süßen Stimme nicht verlieren; „in Prag dann später; auch am Königshofe dort.“

Sie sah ihm in sein schönes Antlitz, auf den gestickten Sammetrock und wie die goldenen Knöpfe im Mondlicht blitzten. „So wisset Ihr nichts von uns – o meine Mutter! Süße Schwester Heilwig!“ rief sie; „und meine Brüder – sie sind all’ gestorben!“ Plötzlich ergriff sie seine Hand: „Kommt!“ rief sie und zog ihn mit sich auf eine kleine Höhe, von wo man seitwärts bei dem Walde in das flache Land hinaussehen konnte. Er glaubte eine Niederung zu gewahren und einzelne Pfähle, durch dunstigen Nebel schimmernd, der dort umzog. „Dort!“ sprach sie kaum hörbar und zeigte mit ausgestreckter Hand dahin.

Er schwieg; er wußte, das sei der Pestacker, wohin sie gewiesen hatte. – Ein Nachthauch kam und hob ihr dunkles Haar ein wenig von dem schmalen Antlitz und wehte das Gewand um ihren zarten Körper; ihm war auf einmal, als sei auch sie unhaltbar auf der Erde. „Wenn dort von Eurem Blute Einer ruht, so gönnet ihm die Ruhe!“ sprach

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Theodor Storm: Ein Fest auf Haderslevhuus. Berlin: Paetel, 1886, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Ein_Fest_auf_Haderslevhuus_162.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)