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als nach einer Weile der Ritter sich droben aus den dichten Zweigen in die zarten Arme schwang, da war der Laurer an den Waldesrand getreten und sah, was keines Menschen Auge hätte sehen sollen. Denn alle Liebesnoth und ungestüme Hoffnung war in dem Ritter aufgesprüht, und er preßte das Kind in seine Arme, daß es rief. „Rolf, Rolf! Du tödtest mich!“

Da ließ er sie plötzlich und starrte über die Mauer in den Grund hinab. „Hörtest Du es, Dagmar? Da drunten lachte was!“

Sie aber hob das süße Antlitz zu ihm auf: „Fürchtest Du Dich, Rolf?“

- „Ja, Dagmar; wer Dich im Arm hält, muß sich fürchten!“

„Doch nicht vor Ringeltauben! Ich hörte es auch, es kam dort aus der Buche.“

Er warf noch einen Blick hinab, dann zog er sie auf die Bank, wo von dem Weg herauf kein Auge sie erreichen konnte. Die Nachtigall hatte ausgesungen; fast keines Athemzuges Laut war in der Nacht; wie müde legte Dagmar den feinen Nacken auf seinen Arm, und ihre dunklen Augen wollten nichts als ihn. Dämmerung war es, denn der Mond war rund und wieder schmal geworden und

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Theodor Storm: Ein Fest auf Haderslevhuus. Berlin: Paetel, 1886, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Ein_Fest_auf_Haderslevhuus_180.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)