Seite:De Storm Ein Fest auf Haderslevhuus 182.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

an Deinen süßen Schultern sprießen, daß Du mich fortträgst, weit aus dem Wirrsal meines jungen Lebens!“

- „O nein, nicht so, nicht so!“ bat sie ihn flehend, und ihre Hände legten sich auf seinen Mund; „Du täuschest Dich; ich bin ein Erdenkind; ein Wind kann mich verwehen!“

Anbetend sah der Mann sie an.

Da glitt sie ihm zu Füßen, ein gespenstischer Glanz brach aus ihren Augen. „O Rolf, kein Leben, kein Sterben ohne Dich!“

Er zog sie sanft zu sich herauf: „Erst leben Dagmar! Wir zusammen – möchtest Du das nicht?“

Sie nickte nur; aber der Athem stand ihr still, als ob sie Wunder hören solle.

- „So muß ich Dich um Urlaub bitten!“

„Urlaub?“ rief sie erschreckt. „Du willst fort? – Ganz fort?“

- „Nur auf zehn Tage, Dagmar! Am Abend nach Mariä Heimsuchung bin ich wieder bei Dir!“

„Zehn Tage! – O, das ist lange!“

Er strich ihr liebkosend das lose Haar unter ihren Silberreif. „Ja, Dagmar, lange! Aber ich muß zu meinem Vater!“

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm: Ein Fest auf Haderslevhuus. Berlin: Paetel, 1886, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Ein_Fest_auf_Haderslevhuus_182.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)