Seite:De Storm John Riew 086.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ein Seufzer unterbrach mich. „Ja, Ohm, und seine Mutter steht dann da und ist ein altes Mädchen!“

„Deine Schuld! deine Schuld!“ schrie es wieder in mir, so laut und schaurig, wie aus einem Nebelhorn; man hört’s und weiß in der grauen Finsterniß nicht, woher es kommt. Da fuhr’s in meiner Noth mir durch den Kopf, ich sagte: „Anna, ich weiß, ich bin nichts als Dein alter Ohm, schon über Sechzig, und morgen mach’ ich mein Testament: was ich habe – es ist ein anständig’ Bürgertheil – kommt Dir und Deinem Jungen zu; und willst Du die paar Jahr’ noch meine Frau heißen – denn es bleibt trotzdem beim Alten, Anna – aber ein altes Mädchen brauchst Du nicht zu werden!“

Ich weiß nicht, Nachbar, es war vielleicht was ungeschlacht; ich wußte mir nur anders nicht zu helfen; es ist ja nun auch einerlei.

Aber Anna hatte sich strack emporgerichtet. „Nein!“ schrie sie, „nein, das will ich nicht! Du bist so ehrenhaft und brav! Ach, Ohm,“ – und ich sah, wie sie in sich zusammenschauderte – „Du weißt es doch – die Schande ist so ansteckend!“ Sie hatte krampfhaft meine Hand ergriffen und geküßt.

„Anna,“ sagte ich, „ich kann Dich hiezu nicht

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm: John Riew’. Berlin: Paetel, 1886, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_John_Riew_086.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)