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als aber die mageren Beine nicht aus der Bettstatt vorwärts wollten, hat der Junker zur Ermunterung mit seiner Peitsche hin und her geklatscht, und als die Frau darüber schier verschrocken worden, dem Manne selbst in Wams und Hosen helfen müssen. »So, Meister Nicolaus, Er braucht heut keine Sporen; auch soll der Ritt ihm gut vergolten werden!« Dann hat er ihm den Mantel umgeworfen und den Hut aufs Haupt gestülpt: »Nun das Verbandzeug und das Apostalipflaster!« 

     Und eh’ er sich’s versehen, hat der Amtschirurgus hinter dem Junker hoch zu Roß gesessen, die Kniee aufgezogen, die Hände um des Reiters Leib geklammert.

     »Ade, Frau Meisterin!« Und unter des Junkers Sporen ist der hochbeinige Rappe durch die dunklen Gassen hingeflogen; dann durch das Thor und über die Felder in die Nacht hinaus. Als sie, schon nahe an Grieshuus, bei der Kirche im Dorf vorüberbrausten, hat der Küster, der eben von einer Hochzeit kam, ein »Alle guten Geister!« ausgestoßen und gemeinet, daß ein Hexenpaar an ihm vorbeifliege; denn der Mantel des Amtschirurgus hat wie ein Weiberrock im Wind gestanden.

     Und endlich klapperten des Rappen Hufen in der Thorfahrt von Grieshuus.

     »Da bring’ ich ihn, Greth Lise!« rief der Junker fröhlich, als er den hageren Chirurgus vorab in die Kammer schob.

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_020.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)