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dem offenen Wagen, der dann folgte, saßen die beiden Brüder, der Junker Hinrich und der herzogliche Rath; aber der Letztere hatte es eilig; zu Gottorf gab es itzt überviel zu schlichten und zu richten; und während sie in dem Gruftgewölbe an des Vaters Sarg das letzte Amen sprachen, hielt drüben vor dem Kruge schon der Reitknecht sein und seines Herren Pferd am Zügel.

     Wie beim Verlöbnistanz zu Kiel, so waren auch heute zwischen den Brüdern der Worte wenige gewesen; nur als dann auf dem Kirchhofe der Jüngere sich verabschiedete, sprach er, wie beiläufig, zu dem Andern: »Du weißt, des Vaters Testament ist jüngsthin auf dem Landgerichte hinterlegt worden?« 

     Herr Hinrich aber stutzte: »Ein Testament? Wozu denn das? Mir ist nichts kund geworden.« 

     Der herzogliche Rath hatte flüchtig seine Hand gestreift. »So will ich sorgen, daß terminus zur Publication alsbald hier anberaumet werde.« 

     Dann schritt er auf dem Steig dem Kruge zu und ritt mit seinem Knecht davon.

     In unruhigem Brüten war der Bruder stehen geblieben, während unter dem wieder beginnenden Läuten ein zweiter schlichter Sarg herzugetragen wurde; nur der alte Jäger Owe Heikens und ein weinendes Mädchen gingen hinterher. Aber die Leute auf dem Kirchhofe drängten sich auch zu dieser offenen Gruft; auch den der Tod in diese Lade hingestreckt hatte, lockte es

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_058.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)