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Scheuer war. »Ich weiß wohl, was Du sinnest;« sprach sie; »aber bedenke es wohl! Da Du mich freitest, thatst Du wider Deinen Vater; Du wolltest minder, als er für Dich wollte; thu nun nach seinem Willen, daß Du auch im Andern Dich begnügest!« 

     Doch da sie sah, daß seine Augen noch immer wie im Grolle dicht beisammen standen, sprach sie beklommen: »Du hast zu hohen Preis für mich gezahlt.« 

     Da hob er sie mit beiden Armen auf und preßte sie wie ein Kind an seine Brust: »Nein, nein; laß fahren, Bärbe! Ich zahlte für mein Leben; – weh dem, der das mir anzutasten waget!« 

     Es fraß doch weiter in ihm. – Und Herbst und Winter war es geworden, und die Erbtheilung war noch immer nicht geschehen. So viel war zwischen den Brüdern festgesetzt, der Stammhof wurde bis auf Weiteres von dem früheren Pächter des Meierhofs verwaltet; aber jeder von beiden betrachtete sich als dessen Herrn. Da an einem Sonnabend, als in den Bauergärten das erste Grün der Stachelbeeren vorbrach, hieß es, die Braut des herzoglichen Rathes und deren Mutter seien mit demselben auf dem Herrenhofe angelangt; die Braut habe, ehe sie den Mann nehme, sich Land und Sand besehen wollen.

     Und am Sonntag Vormittag war die Kirche voll, und die Weiber und die Dirnen hatten ihre besten Käppchen auf; nur droben im großen Patronatsstuhle

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_065.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)