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mit einem Aufschrei griff Frau Bärbe nach ihres Mannes Hand, die ihm eiskalt auf seinen Knieen lag.

     Aber der herzogliche Rath schritt mit den Frauen aus der Kirche; man hörte den Wagen fortfahren, und ohne Störung ging der Gottesdienst zu Ende.




Es war am 24. Januar spät am Nachmittage. Junker Hinrich war in der Stadt gewesen, wo er mit dem Magistrat zu tun gehabt hatte; denn die alte Base seines Weibes war gestorben und hatte diese als deren Erbin eingesetzt. Behaglich ritt er durch das Haidetal, dann durch den Wald; aber vor seiner Hausthür sprangen zwei Mägde ihm entgegen: »Ach, Herr! Ach, Junker Hinrich, Euer Weib!« 

     Und als er in die Kammer hinter dem Wohngemach getreten war, sah er sein Weib im Bette liegen; ein Unschlittlicht brannte auf dem Tische; aber er erkannte sie fast nicht. Die Hebamme des Dorfes war um sie; sie stand über einer Wiege, aus der das Winseln eines neu geborenen Kindes drang. »Was ist das hier?« sprach er; »der Erbe von Grieshuus sollte in zwei Monden erst geboren werden!« 

     »Es ist kein Erbe; nur eine Tochter«, sagte die Hebamme.

     Aber eine der Dirnen war ihm in die Kammer nachgeschlichen. »Ein Bote ist dagewesen;« sagte sie; »vom Landgerichte, heut am Vormittag!«

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Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_068.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)