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todtblassem Angesicht flog er durch die Eichen von Grieshuus hinüber nach der Stadt.

     – – Ein paar Stunden war es weiter; der Mond war aufgegangen und stand zu Osten über der Haidenmulde. Kein Thierlaut regte sich; die Vögel lagen im Kraut auf ihren Nestern; nur die hoch aufgeschossene stille Dirne aus der Besenbinderkathe vom Ende des Dorfes hatte sich verspätet; eifrig schnitt sie mit ihrem kurzen Messer die Haide ab und legte sie zu Haufen. Da galoppirte ein Reiter an ihr vorbei. »Heida!« Aber sie hatte ihn erkannt; es war der Reitknecht des Herzoglichen Rathes, der nach Grieshuus hinüberritt. »Was wollte der?« Und sie band sich ihr Tuch fester um das Kinn; denn aus Westen kam ein Wind vom Meer herauf.

     Sie ging weiter nach Osten hinauf, denn da war die Haide länger, und lag eben unter ein paar Birken; als ein Geräusch von Grieshuus her sie aufsehn machte. Und wieder kam der Hufschlag eines Pferdes, ein Reiter, der wie rasend durch die Haide auf sie zuritt. Aber er war vorbeigeritten, und da eine Wolke vor den Mond fuhr, hatte sie ihn nicht erkannt. Sie schüttelte den Kopf und sah ihm nach. Und zum dritten Male, ihm entgegen – was war denn das? Sie hatte kaum jemals hier was reiten sehen – kam abermals ein Pferd; aber langsamer, fast war’s, als würde es zurückgehalten.

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Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_071.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)