Seite:De Storm Zur Chronik von Grieshuus 114.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

»Nein, nein!« schrie sie und stieß mit beiden Händen gegen ihn; dann wie eine Katze war sie aufgesprungen und laut weinend durch die Gangthür in das Haus verschwunden.

     Rolf wandte sich und schien seiner Beute nachzusuchen. »Das war nicht gut«, sagte ich, »daß Du des Kindes Dank so von Dir stießest! Sie wird sich arg zerschunden haben.« 

     Da war er zu mir getreten. »Lassen Sie es gut sein, Herr Magister«; sagte er; »das heilt schon wieder. Es ist kein Unglück, daß ich nicht bin wie meiner Mutter Vater; die alte Matten wird nun schlafen können.« 

     Er hatte das also ernst gesprochen, daß ich ihm nichts entgegnete; denn es war mir kund geworden, daß seine Großmutter eines geringen Mannes Kind gewesen und sein väterlich Geschlecht darob zu Grund gegangen sei.

     Aber mit der Abel war’s, als ob sie sich seitdem vor aller Welt verstecke; nur einmal, an der Küche huschte sie an mir vorüber, und ich gewahrete, daß von der Stirne abwärts ein blutrünstiger Streifen ihr zart Gesicht verunzierete.

     Da redete ich mit unserem Herrn und mit der alten Matten, und das Kind wurde bei guten Leuten in der Stadt untergebracht; es wurde auch für einige Unterweisung dabei gesorget, darob ich eine sonderbare Befriedigung in mir verspürte.




Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_114.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)