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     Das Mädchen sah verwirret zu ihm auf: »Ja, ja, Herr Oberst! Aber der Junker Rolf stehet mit einem Posten schwedischer Dragoner drunten an dem Flusse; er soll die Brücke halten, denn die Russen wollen dort hinüber. Sie meinen in der Stadt, das würd’ noch Tage ausstehen; aber ich weiß, die Russen kommen noch in dieser Nacht! Lasset den Junker warnen, Herr! Sie könnten Alle sonst verhauen werden!« 

     »Herr Pastor«, sprach der Oberst, nachdem er einen Augenblick todtenbleich, wie suchend, um sich hergesehen, »wollte er die Knechte wecken?« 

     Und so ging ich hinaus und schüttelte die Kerle aus ihren schweren Betten. Als ich ihrer drei beisammen hatte, trat ich mit ihnen wieder in das Zimmer und hörete den Oberst zu dem Mädchen sagen, das an seinem Sessel stand: »Hätte ich den Verwalter nur nicht fortgesendet! – Ich selber?« Und er wiegte seinen Kopf. Als er aber die Knechte sahe, welche sich schläfrig an den Thüren aufstellten, rief er: »Nun, Leute, wer von Euch will Eurem jungen Herrn zuliebe heute Nacht noch einen Ritt thun?« Und er berichtete, was zu wissen ihnen noth war. Aber sie antworteten ihm nicht, schielten sich an und stießen sich mit den Ellenbogen.

     »Es soll nicht Euer Schade sein!« sprach der Oberst wieder und bot ihnen eine Summe Geldes.

     Da sagte der größte von den Kerlen: »Herr, wir haben ja die schlimmen Tag’; man lebet doch nur einmal.« 

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_130.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)