Seite:De Storm Zur Chronik von Grieshuus 131.jpg

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     »Wisset Ihr,« rief der Oberst, »daß Ihr des Junkers Leute seid? Ich kann’ Euch schicken, ohne Euch zu fragen!« 

     Und da sie abermals schwiegen, schlug das Mädchen wie in Zorn und Verachtung die Hände ineinander: »Die würden nicht zum Heile reiten; aber gebet mir das Pferd, wenn sich die Mannsleut fürchten!« 

     »So nicht, Jungfer Abel!« rief ich; »ich bin kein Reiter; aber so man mich verlanget, bin ich gleich Ihr dazu bereit!« 

     Da, während sich allmählich ein Haufen Gesindes in das Zimmer gedrängt hatte, wurde unten die schwere Hausthür aufgestoßen; es kam die Stiegen zu uns herauf, hastend und doch mühsam; und alle Köpfe wandten sich. »Der Wildmeister!« raunte es unter den Leuten; »das ist der Wildmeister!« Sie wichen alle zurück, als die große Gestalt des Greises in das Zimmer trat. Aber er schritt nicht mehr aufrecht wie vor Jahren; er schien in diesem Augenblick wie am Ende seines Lebens. Trotz der eisigen Nachtkälte draußen rann der Schweiß in Tropfen ihm in den weißen Bart; er wollte sprechen, aber der Athem versagte ihm, und er neigte sich nur stumm vor seinem früheren Herrn.

     Der reichte ihm beide Hände und sprach: »Ihr seid krank, Wildmeister; aber ich danke Euch, daß Ihr heut gekommen seid!«

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_131.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)