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     Nachdem der Oberst zwischen die Särge hineingegangen war, kam es auch draußen die Treppenstufen herauf, und die Leute, so auf dem Hofe gestanden hatten, fülleten nun den ganzen Saal, ja standen überdem noch draußen vor den offenen Thüren auf dem Gange.

     Der Oberst hob seinen Hut vom Haupte: »Ich habe Euch herbestellet«, begann er mühsam; »ich mußte es; denn mein Mund ist der letzte, der hier noch reden kann.

     So höret es! Nicht ich und nicht mein Sohn, den mir der Herr genommen – der Greis hier in dem zweiten Sarge« – und er legte seine Hand sanft auf die des Todten – »ist Euer Herr gewesen bis an sein Ende. Aber Ihr sahet ihn nicht, und da er kam als ein Dienender, habet Ihr ihn nicht erkannt; unstät und flüchtig blieb er nach dem Fluch der Schrift ein langes Leben durch; denn seinen Zwillingsbruder hatte er im jähen Zorn erschlagen. Aber nicht wie Kain den Abel: der Bruder hatte ihm sein Glück, sein junges Weib, getödtet; und da zwang er ihn zum Kampfe und erschlug ihn.« Und der Oberst legte die Faust auf seine Brust, daß die Spangen an dem Degenriemen klirrten: »Beim ewigen Gott! ich hätt’ ihn auch erschlagen!« 

     Nach einer Pause sprach er dann noch einmal: »Das habe ich Euch sagen müssen, um der Ehre des Todten und um der Wahrheit willen. — Und nun,

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Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_143.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)