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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Mistraue, schöne Seele, dieser Engelgüte!

30
     Dein Mitleid waffnet zum Verbrecher mich,

Gibts in des Lebens unermeßlichem Gebiete,
     gibts einen andern schönern Lohn – als Dich?

Als das Verbrechen, das ich ewig fliehen wolte?
     Entsezliches Geschik!

35
Der einzge Lohn der meine Tugend krönen sollte,

     ist meiner Tugend lezter Augenblik.

Des wollustreichen Giftes voll – vergessen,
     vor wem ich zittern muß,
Wag ich es stumm, an meinen Busen sie zu pressen,

40
     auf ihren Lippen brennt mein erster Kuß,


Wie schnell auf sein allmächtig glüendes Berühren,
     wie schnell o Laura floß
Das dünne Siegel ab von übereilten Schwüren,
     sprang deiner Pflicht Tirannenkette los,

45
Jezt schlug sie laut die heißerflehte Schäferstunde,

     jezt dämmerte mein Glük –
Erhörung zitterte auf deinem brennenden Munde,
     Erhörung schwamm in deinem feuchten Blick,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_061.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)