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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

hatte damals den höchsten Gipfel von Größe und Macht erreicht. Die alten Unterthanen waren treu und im Kriege geübt; Spanien bereicherte sich mit den Schäzen der neuen Welt; die Niederlande waren für Frankreich und Deutschland gleich furchtbar; und die Religion, damals die Quelle der heftigsten Unruhen, gab bald einen Vorwand die einzelnen Staaten des Reichs zu entzweyen und zu schwächen, bald sie wieder zu vereinigen.

Die Spanische Monarchie verlor viel von ihrem Ansehen unter Philipp dem Zweiten, weil er sein Land erschöpfte um die Burgundsche Erbschaft zu erhalten, und weil jene allgemeine Triebfeder die unter seinem Vater die ganze Masse seiner Macht in Bewegung gesezt hatte, unter ihm erschlafft war.

Philipps Politik war künstlich aber unthätig. Dieser Dämon in Süden, wie man ihn nennte, war mehr damit beschäftigt, den Saamen von Unruhen und Streitigkeiten in ganz Europa auszustreuen, als diese selbst zu benuzen. Ueberzeugt von dem Einflusse des Pabstes und der Religion, wußte er ihn durch den Schein einer eifrigen Anhänglichkeit an sein Glaubensbekenntniß sich zu eigen zu machen. So wurde er der Vertheydiger und Rächer aller katholischen Glaubensgenossen; nöthigte den Pabst, ihm seine Macht zu übertragen, herrschte durch Vorurtheile wie durch Waffen. –

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_084.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)