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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Ein einzigesmal sah man ihn unter den Waffen. Es war den Tag, als Saint Quentin mit Sturm erobert wurde; aber an eben diesem Tage war seine Furcht so gros, daß er gelobte, im Fall er davon käme, ein prächtiges Kloster zu Ehren des heiligen Laurentius zu errichten. Er baute noch eine Kirche und einen Pallast dazu, und diesem Gelübde hat das Eskurial sein Daseyn zu verdanken. Es scheint, daß er bei dieser Gelegenheit noch ein zweites, aber im Herzen, ablegte, sich nie wieder bei einer Schlacht zu befinden.

Zu seinem Stolze gesellte sich auch noch Eitelkeit; man durfte nicht anders als kniend mit ihm sprechen. Selbst die Theilhaber seiner Grausamkeiten zitterten vor ihm, und der treuste Diener seiner königlichen Schandthaten, der Herzog von Alba, der einst unangemeldet in das Kabinet des Monarchen getreten war, mußte von ihm diese durchbohrenden Worte hören: „Eine Frechheit wie die Eurige verdiente das Beil.“

Er sezte seinen Fuß nie auf Gräber, weil man über der Grabschrift zuweilen ein Kreuz findet. Durch diese frömmelnden Mummereien schläferte er sein Gewissen ein. Er lies über 50000 Protestanten umbringen, und seine Kriege kosteten ihm, nach seinem eignen Geständniß, 564 Millionen Dukaten.

Ohngeachtet seines Eifers für die Lehrsäze der katholischen Religion, hatte er verschiedne Maitressen. Er lebte im Ehebruch mit Anna von Mendoza, deren

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_099.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)