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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Er war es, der den Gebrauch Spionen zu besolden, welche sich in die verborgensten Intriguen zu schleichen wußten, zu einem Theil der Regierungskunst machte. Diese unruhige, kleine Neugierde ziemt einem großen Fürsten nicht. Die verborgnen Handlungen der Menschen gehen ihn nichts an; er darf nur Fälle bemerken, die der Ruhe des Staats drohen.

Eine große Begebenheit in seinem häuslichen Leben zieht noch jezt die Neugier der Welt auf sich. Von dem Verbrechen, daß er seine Gemahlinn vergiftet haben soll, sprechen ihn viele Geschichtschreiber frei, und versichern, daß Elisabeth über den Kummer starb, den ihr Dom Karlos Tod verursachte. Nichts ist aber gewisser, als daß Philipp Mörder seines Sohnes war. Er lieferte seinen Sohn dem Haß der Inquisition aus, und Philipp und die Inquisition waren Eins.

Dieser Monarch, dessen blutige Regierung vier und vierzig Jahre gedauert hatte, starb ruhig in dem Alter von vier und siebenzig Jahren. Zwei Tage vor seinem Tode sah er die Himmel offen. Er blieb bei einer schreklichen langwierigen Krankheit standhaft und unerschüttert; er empfieng das heilige Sakrament vierzehnmal eh er den Geist aufgab: sein Gewissen warf ihm nichts vor.

Wer möchte es wohl unternehmen, über die Frömmigkeit dieses Königs ein Urtheil zu fällen! Sollte es möglich seyn, daß er wirklich ein rechtschaffener Mann

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_101.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)