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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

beleidigt. Wir erhizzen uns. Der Streit
wird etwas laut. Wir greifen zu den Schwerdern.
Die Königin auf das Getöse öfnet
das Zimmer, wirft sich zwischen uns und sieht
mit einem Blik despotischer Vertrautheit
den Prinzen an – es war ein einz’ger Blik –
sein Arm verstarrt – er fliegt an meinen Hals –
ich fühle einen heißen Kuß – er ist
verschwunden.

Domingo
nach einigem Stillschweigen.
 Das ist sehr verdächtig – Herzog,
sie mahnen mich an etwas … Aehnliche
Gedanken, ich gesteh es, keimten längst
in meiner Brust … Ich flohe diese Träume –
noch hab ich niemand sie vertraut. Es giebt
zweischneid’ge Klingen, ungewisse Freunde –
ich fürchte diese. Schwer zu unterscheiden,
noch schwerer zu ergründen sind die Menschen –
entwischte Worte sind beleidigte
Vertraute – drum begrub ich mein Geheimniß,
bis einst die Zeit es reifen würde. Wer
ist mir auch Bürge, daß ich recht gesehen?
Wie leicht geschiehts, daß Menschen sich betrügen!
Ich bin ein Priester. Meine Weihung lautet [1],
den Frieden, nicht die Zwietracht zu verkünden.
Das überlaß ich denen, deren Amt
es mehr ist – andre Diener, andre Eide!


  1. Vorlage: läutet (Berichtigung. Siehe Heft 3, S. 140)
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft3_072.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)