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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

oder falsch sein, gerade so, wie sich die Welt in dieser Seele und keiner andern spiegelt. Die Fortsezung des Briefwechsels wird es ausweisen, wie diese einseitige, oft überspannte, oft widersprechende Behauptungen, endlich in eine allgemeine, geläuterte und festgegründete Wahrheit sich auflösen.

Scepticismus und Freidenkerei sind die Fieberparoxysmen des menschlichen Geistes, und müssen durch eben die unnatürliche Erschütterung die sie in gut organisirten Seelen verursachen, zulezt die Gesundheit bevestigen helfen. Je blendender, je verführender der Irrthum, desto mehr Triumph für die Wahrheit, je quälender der Zweifel, desto größer die Aufforderung zu Ueberzeugung und fester Gewisheit. Aber diese Zweifel, diese Irrthümer vorzutragen, war nothwendig; die Kenntniß der Krankheit mußte der Heilung vorangehen. Die Wahrheit verliert nichts, wenn ein heftiger Jüngling sie verfehlt, eben so wenig als die Tugend, und die Religion, wenn ein Lasterhafter sie verläugnet.

Diß mußte voraus gesagt werden um den Gesichtspunkt anzugeben, aus welchem wir den folgenden Briefwechsel gelesen und beurtheilt wünschen.




Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft3_102.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)