Seite:De Thalia Band1 Heft3 104.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

nicht irgend eine Erinnerung entflohener Seligkeit auf meine Ruhe zielte. Alles, alles hat sich gegen meine Genesung verschworen. Wohin ich nur trete, wiederhole ich den bangen Auftritt unsrer Trennung. –

Was hast du aus mir gemacht, Raphael? Was ist seit kurzem aus mir geworden! Gefährlicher großer Mensch! daß ich dich niemals gekannt hätte oder niemals verloren! Eile zurük, auf den Flügeln der Liebe komm wieder oder deine zarte Pflanzung ist dahin. Konntest du mit deiner sanften Seele es wagen, dein angefangenes Werk zu verlassen, noch so fern von seiner Vollendung? Die Grundpfeiler deiner stolzen Weisheit wanken in meinem Gehirne und Herzen, alle die prächtigen Palläste die du bautest, stürzen ein, und der erdrükte Wurm wälzt sich wimmernd unter den Ruinen.

Selige paradiesische Zeit, da ich noch mit verbundenen Augen durch das Leben taumelte, wie ein Trunkner – Da all mein Fürwiz und alle meine Wünsche an den Gränzen meines väterlichen Horizonts wieder umkehrten – da mich ein heitrer Sonnenuntergang nichts höhres ahnden ließ, als einen schönen morgenden Tag – da mich nur eine politische Zeitung an die Welt, nur die Leichengloke an die Ewigkeit, nur Gespenstermährgen an eine Rechenschaft nach dem Tode erinnerten, da ich noch vor einem Teufel bebte, und desto herzlicher an der Gottheit hieng. Ich empfand und war glüklich. Raphael hat mich denken gelehrt,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft3_104.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)