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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Geist, daß auch Fehlschlüße und Täuschung seiner Anerkennung nicht schaden, daß alle Schlangenkrümmungen der ausschweifenden Vernunft in die gerade Richtung der ewigen Wahrheit zulezt einschlagen, zulezt alle abtrünnige Arme ihres Stromes nach der nämlichen Mündung laufen. Raphael – welche Idee erwekt mir der Künstler, der in tausend Kopien anders entstellt, in allen tausenden dennoch sich ähnlich bleibt, dem selbst die verwüstende Hand eines Stümpers die Anbetung nicht entziehen kann!

Uebrigens könnte meine Darstellung durchaus verfehlt, durchaus unächt sein – noch mehr, ich bin überzeugt, daß sie es nothwendig sein muß, und dennoch ist es möglich, daß alle Resultate daraus eintreffen. Unser ganzes Wissen läuft endlich, wie alle Weltweisen übereinkommen, auf eine conventionelle Täuschung hinaus, mit welcher jedoch die strengste Wahrheit bestehen kann. Unsre reinsten Begriffe sind keineswegs Bilder der Dinge, sondern bloß ihre nothwendig bestimmte und coexistirende Zeichen. Weder Gott noch die menschliche Seele noch die Welt, sind das wirklich, was wir davon halten. Unsre Gedanken von diesen Dingen sind nur die endemischen Formen, worinn sie uns der Planet überliefert, den wir bewohnen –

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft3_134.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)