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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Die Fahrt war die angenehmste. Eine mahlerische Landschaft, die mit jeder Krümmung des Flusses sich an Reichthum und Schönheit zu übertreffen schien – der heiterste Himmel, der mitten im Hornung einen Maientag bildete – reizende Gärten und geschmakvolle Landhäuser ohne Zahl, welche beide Ufer der Brenta schmükken – hinter uns das majestätische Venedig mit hundert aus dem Wasser springenden Thürmen und Masten, alles diß gab uns das herrlichste Schauspiel von der Welt. Wir überließen uns ganz dem wohlthätigen Zauber dieser schönen Natur, unsre Laune war die heiterste, der Prinz selbst verlor seinen Ernst, und wetteiferte mit uns in frölichen Scherzen. Eine lustige Musik schallte uns entgegen, als wir, zwo italienische Meilen von der Stadt, ans Land stiegen. Sie kam aus einem kleinen Dorfe, wo eben Jahrmarkt gehalten wurde; hier wimmelte es von Gesellschaft aller Art. Ein Trupp junger Mädgen und Knaben, alle theatralisch gekleidet, bewillkommte uns mit einem pantomimischen Tanz. Die Erfindung war neu. Leichtigkeit und Grazie beseelten jede Bewegung. Eh der Tanz noch völlig zu Ende war, schien die Anführerin desselben, welche eine Königinn vorstellte, plözlich von einem unsichtbaren Arme gehalten. Leblos stand sie und Alles. Die Musik schwieg. Kein Odem war zu hören in der ganzen Versammlung, und sie stand da, den Blik auf den Boden geheftet in einer tiefen Erstarrung. Auf einmal fuhr sie mit der Wut der Begeisterung in die Höhe, blikte wild um sich her „Ein König

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft4_079.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)