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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

zu opfern. Lieber alles zertreten, als Einen Schritt zurückgethan: so gebietet's der Orden. Ich fürchte dieses, denn mein Herz schlägt noch für Menschen, nicht für Menschheit allein. Doch – ich könnte mich entschließen bis an diesen Augenblick umsonst gelebt zu haben, ich könnte diese Handvoll Tage für eine bessere Zukunft hingeben; werdet Ihr aber mir alsdann einen Talismann zeigen, der Eure eigne Herzen vor Krankheiten und Seuchen schützte, der Euch auf die Stufe der Geister stellte, deren hohes Gesetz Ihr hienieden verpflanzen wollt? – Ihr seufzt? – Habt Ihr den nicht, so ist Euer Bund nur eine frevelnde Nachäffung jener geheimnißvollen Kette in der Hand des weigen Weltgeists. Diese ernsten, unerschütterlichen Sätze dienen zu Larven für gemeine Menschlichkeit; die gaukelnden Betrügerinnen, Leidenschaften hüllen sich in das ehrwürdige Gewand, denn Eurer sind viele, und Euer Name ist Mensch. – Furchtbare Sinnbilder der ewigen Gerechtigkeit, ehrwürdige Schatzbewahrer der Wahrheit und der Tugend, ich falle vor Euch nieder, und es ist mein höchster Stolz, daß Ihr mich Eurer werth achtet; aber – Eurer sind viele und Euer Name ist Mensch, mein Knie kann sich vor Euch nicht beugen. Mensch! erhabner schöner Gedanke der Schöpfung! O dein göttlicher Stempel ist zu zart, so viele Abdrücke auszuhalten.




Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft5_035.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2017)