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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält
Iphigenie in Aulis – Teil 1

Agamemnon.
 Und auch
noch jezt sezt sich der Abfahrt meiner Flotte
ein Hinderniß entgegen!

Iphigenie.
 Wo, sagt man,

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daß diese Phryger wohnen Vater?


Agamemnon.
 Wo –
Ach! wo der Sohn des Priamus nie hätte
geboren werden sollen!

Iphigenie.
 Wie? So weit
schiff’st du von dannen, und verlässest mich?

Agamemnon.
Wie weit es auch seyn möge – Du, mein Kind,

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wirst immer mit mir gehen![1]


Iphigenie.
 Wäre mir’s
anständig, lieber Vater, dir zu folgen,
wie glücklich würd’ ich seyn!

Agamemnon.
 Was für ein Wunsch!
Auch dich erwartet eine Fahrt, wo du
an deinen Vater denken wirst.


  1. [62] Du wirst immer mit mir gehen!) Wörtlich müßte übersetzt werden: Meine Tochter, du kommst eben dahin, wo dein Vater! oder: Es kommt mit dir eben dahin, wo mit deinem Vater. Wenn dieser Doppelsinn nicht auf den Gemeinplatz hinauslaufen soll, daß eines sterben müsse, wie das andre, welches Euripides doch schwerlich gemeint [63] haben konnte, so scheint mir der Sinn, den ich in der Uebersetzung vorgezogen habe, der angemessenere zu seyn. Dein Bild wird mich immer begleiten. Die Erklärungsart des französischen Uebersetzers ist etwas weit hergeholt und gibt einen frostigen Sinn: Dich erwartet ein ähnliches Schicksal. Auch du wirst eine weite Seereise machen.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft6_046.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)