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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält

Geistliche zählte, und sogar die Namen einiger Kardinäle an ihrer Spitze trug, so wurde der Prinz um so leichter bewogen, sich darin einführen zu lassen. Gewisse gefährliche Wahrheiten der Vernunft, meinte er, könnten nirgends besser aufgehoben seyn, als in den Händen solcher Personen, die ihr Stand schon zur Mäßigung verpflichtete und die den Vortheil hatten, auch die Gegenparthei gehört und geprüft zu haben. Der Prinz vergaß hier, daß Libertinage des Geists und der Sitten bei Personen dieses Standes eben darum weiter um sich greift, weil sie hier einen Zügel weniger findet. Und dieses war der Fall bei dem Bucentauro, dessen mehreste Mitglieder durch eine verdammliche Philosophie, und durch Sitten, die einer solchen Führerinn würdig waren, nicht ihren Stand allein, sondern selbst die Menschheit beschimpften. Die Gesellschaft hatte ihre geheimen Grade, und ich will zur Ehre des Prinzen glauben, daß man ihn des innersten Heiligthums nie gewürdigt habe. Jeder, der in diese Gesellschaft eintrat, mußte, wenigstens so lange er ihr lebte, seinen Rang, seine Nation, seine Religionsparthei, kurz alle conventionelle Unterscheidungszeichen ablegen, und sich in einen gewissen Stand universeller Gleichheit begeben. Die Wahl der Mitglieder war in der That streng, weil nur Vorzüge des Geists einen Weg dazu bahnten. Die Gesellschaft rühmte sich des feinsten Tons und des ausgebildetsten

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft6_091.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)