Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält Iphigenie in Aulis – Teil 2 | |
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bei deinem Vater Atreus und bei dieser,
die mich mit Schmerzen dir gebahr, und nun
Was geht mich Paris Hochzeit an? Kam er
nach Griechenland mich Arme zu erwürgen?
O gönne mir dein Auge! Gönne mir
nur einen Kuß, wenn auch nicht mehr Erhörung,
mit zu den Todten nehme! Komm, mein Bruder!
Kannst du auch wenig thun für deine Lieben,
hinknien und weinen kannst du doch. Er soll
die Schwester nicht um’s Leben bringen, sag’ ihm.
Sieh’ Vater! Eine stumme Bitte richtet er
an dich – Laß dich erweichen! Laß mich leben!
Bei deinen Wangen flehen wir dich an.
zwei deiner Lieben, der unmündig noch,
in ein herzrührend Wort zusammenfassen?
Nichts süßers gibt es, als der Sonne Licht
zu schaun! Niemand verlanget nach da unten.
Der raset, der den Tod herbeiwünscht! Beßer
Chor.
Dein Werk ist dieß, verderbenbringende
Helene! Deine Lasterthat empöret
die Söhne Atreus gegen ihre Kinder!
- ↑ [67] Besser in Schande leben, als bewundert sterben.) Der französische Uebersetzer mildert diese Stelle: une vie malheureuse est même plus prisée qu’une glorieuse mort. Wozu aber diese Milderung? Iphigenie darf und soll, in dem Zustande worin sie ist, und in dem Affekt, worin sie redet, den Werth des Lebens übertreiben.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft7_033.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)