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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält
Raphael an Julius

natürlicher, als daß Deine philosophische Laufbahn bei Dir im Einzelnen eben so begann, als bei dem Menschengeschlechte im Ganzen. Der erste Gegenstand, an dem sich der menschliche Forschungsgeist versuchte, war von jeher – das Universum. Hypothesen über den Ursprung des Weltalls und den Zusammenhang seiner Theile hatten Jahrhunderte lang die größten Denker beschäftigt, als Sokrates die Philosophie seiner Zeiten vom Himmel zur Erde herabrief. Aber die Gränzen der Lebensweisheit waren für die stolze Wißbegierde seiner Nachfolger zu enge. Neue Systeme entstanden aus den Trümmern der alten. Der Scharfsinn späterer Zeitalter durchstreifte das unermeßliche Feld möglicher Antworten auf jene immer von neuem sich aufdringenden Fragen über das geheimnißvolle Innere der Natur, das durch keine menschliche Erfahrung enthüllt werden konnte. Einigen gelang es sogar, den Resultaten ihres Nachdenkens einen Anstrich von Bestimmtheit, Vollständigkeit und Evidenz zu geben. Es gibt mancherlei Taschenspielerkünste, wodurch die eitle Vernunft der Beschämung zu entgehen sucht, in Erweiterung ihrer Kenntnisse die Gränzen der menschlichen Natur nicht überschreiten

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Zweiter Band welcher das V. bis VIII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1788–1789, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band2_Heft7_114.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)