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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

konnte eben so wenig als unter der verworfenen Kaste der Parias unter den Hindu, ein kühner und heldenmüthiger Geist entstehen.

Hier muß uns die große Hand der Vorsicht, die den verworrensten Knoten durch die einfachsten Mittel lößt, zur Bewunderung hinreißen – aber nicht derjenigen Vorsicht, welche sich auf dem gewaltsamen Wege der Wunder in die Oeconomie der Natur einmengt, sondern derjenigen, welche der Natur selbst eine solche Oeconomie vorgeschrieben hat, außerordentliche Dinge auf dem ruhigsten Wege zu bewirken. Einem gebohrnen Egypter fehlte es an der nöthigen Aufforderung, an dem Nationalinteresse für die Ebräer, um sich zu ihrem Erretter aufzuwerfen. Einem bloßen Ebräer mußte es an Kraft und Geist zu dieser Unternehmung gebrechen. Was für einen Ausweg erwählte also das Schicksal? Es nahm einen Ebräer, entriß ihn aber frühzeitig seinem rohen Volk und verschaffte ihn den Genuß egyptischer Weißheit; und so wurde ein Ebräer, egyptisch erzogen, das Werkzeug, wodurch diese Nation aus der Knechtschaft entkam.

Eine Ebräische Mutter aus dem Levitischen Stamme hatte ihren neugebohrnen Sohn drey Monate lang vor den Mördern verborgen, die aller männlichen Leibesfrucht unter ihrem Volke nachstellten; endlich gab sie die Hoffnung auf, ihm länger eine Freystatt bey sich zu gewähren. Die Noth gab ihr eine List ein, wodurch sie ihn vielleicht zu erhalten hoffte. Sie legte ihren

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_010.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)