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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

aufrichtig und zu edel. Auf eine Lüge will er seine wohlthätige Unternehmung nicht gründen. Die Begeisterung, die ihn jetzt beseelt, würde ihm ihr wohlthätiges Feuer zu einem Betrug nicht borgen, und zu einer so verächtlichen Rolle, die seinen innern Ueberzeugungen so sehr widerspräche, würde es ihm bald an Muth, an Freude, an Beharrlichkeit gebrechen. Er will die Wohlthat vollkommen machen, die er auf dem Wege ist seinem Volk zu erweisen; er will sie nicht bloß unabhängig und frey, auch glücklich will er sie machen und erleuchten. Er will sein Werk für die Ewigkeit gründen.

Also darf es nicht auf Betrug – es muß auf Wahrheit gegründet seyn. Wie vereinigt er aber diese Widersprüche? Den wahren Gott kann er den Hebräern nicht verkündigen, weil sie unfähig sind ihn zu fassen; Einen fabelhaften will er ihnen nicht verkündigen, weil er diese widrige Rolle verachtet. Es bleibt ihm also nichts übrig, als ihnen seinen wahren Gott auf eine fabelhafte Art zu verkündigen.

Jetzt prüft er also seine Vernunftreligion, und untersucht, was er ihr geben und nehmen muß, um ihr eine günstige Aufnahme bey seinen Hebräern zu versichern. Er steigt in ihre Lage, in ihre Beschränkung, in ihre Seele hinunter, und späht da die verborgenen Fäden aus, an die er seine Wahrheit anknüpfen könnte.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_028.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)