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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Falier bemerkte dieses kaum, als er in den heftigsten Ausdrücken den Befehl gab, man solle den Steno vom Gerüste werfen. Es geschah. Steno entfernte sich, aber mit den lebhaftesten Empfindungen des Schmerzens und der Rache über diese schimpfliche Begegnung. Er eilte geradeswegs nach Haus, maskierte sich, und erschien zum zweyten mal auf dem Geruste. Bey dem Gedränge, und der gespannten Aufmerksamkeit der Umstehenden gelang es ihm, unvermerkt ein Zettelchen folgendes Inhaltes an den Sitz des Dogen zu heften:

„Falier besitzt eine schöne Gemahlin; was hilft es ihm aber? – Er unterhält sie, andre genießen sie.“

Nach geschehener That schlich er sich eilends davon. Nur seine vertrautesten Freunde wußten etwas von dieser Sache. Kaum fiel dieses Zettelchen den Umstehenden in die Augen, so machten sie den Falier darauf aufmerksam. Dieser spie Feuer und Flammen, beschwor Himmel und Erde, ihm den Thäter in die Hände zu liefern. Die Signorie gab sich zwar alle ersinnliche Mühe, ihn auszukundschaften, und die Beleidigung ihres Dogen zu rächen; damit war ihm aber nichts geholfen: er verlangte Genugthuung, und diese konnte man ihm nicht eher verschaffen, bis der Thäter entdeckt war. Steno zögerte nicht. Unverzüglich eilte er in den Senat, bekannte sich öffentlich für den Urheber, und brachte zu seiner Entschuldigung nichts als die erlittne Beschimpfung vor. Jedermann gab

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_062.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)