Seite:De Thalia Band3 Heft10 071.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Mensch aber, der sich auf eine so unerwartete Art so reichlich belohnt sah, glaubte durch Trotz noch mehr erpressen zu können, und drohte seinen Richtern öffentlich, sie ihrer Kargheit und Unbilligkeit halber nirgends zu verschonen, vielmehr, wo er könnte, ihren Namen mit Schimpf und Schande zu brandmarken.

Diese schändliche Undankbarkeit entrüstete die Richter so sehr, daß sie im Begriff standen, den Verbrecher diese Tollkühnheit mit dem Leben büßen zu lassen. Aber zu seinem Glück bekämpfte das Andenken an jene Wohlthat, die er vor kurzem noch dem Staat erwiesen hate, ihren Zorn, und sie begnügten sich, ihn auf ewig aus der Republik zu verbannen.

Noch jetzt ist das Andenken an diese merkwürdige Begebenheit in einem Denkmal zu Venedig vorhanden. In dem Saale, welchen die Bildnisse der Dogen, nach der Ordnung ihrer Thronfolge schmücken, findet man da, wo Falier’s Bildniß hingehörte, einen schwarzausgeschlagenen Thron, mit der Ueberschrift:

„Locus Marini Falieri decapitati.“[1]

Sein Grabstein enthält folgende fast gleichlautende Worte:

„Dux Venetum jacet hic, patriam qui del perdere tentans,
Sceptra, Decus, Censum perdidit atque Caput.”[2]
Bg.
  1. Ort für den enthaupteten Marinus Falierius
  2. Hier liegt der Doge von Venedig, der beim Versuch, das Vaterland zu vernichten, sein Szepter, seine Würde, seinen Reichtum verlor – und sein Haupt.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_071.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)