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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

„Einst begieng er die Unbedachtsamkeit von mir die Gemählde des verstorbenen Königs Ludwigs XIII. und des itzt regierenden Königs zu verlangen. Ich antwortete ihm, diejenigen, welche man habe, wären so schlecht, daß ich mich selbst gedulden müßte, bis ein Künstler bessere Stücke lieferte.“

„Auf diese Antwort, die ihn nicht befriedigte, äußerte er den Wunsch, nach Dijon zu reisen. Nachher erfuhr ich die Absicht, die er dabey gehabt. Er wollte ein Gemälde des Königs sehen, wollte an den Hof gehen, der sich damals zu St. Jean de Lus, wegen der Hochzeit mit der Infantin, aufhielt, und seinen Bruder ins Auge fassen, um zu erfahren, ob er Aehnlichkeit mit demselben habe. Ich hatte seinen Entschluß fortzureisen entdeckt, und ich ließ ihn nun nicht ferner aus der Acht.

„Der junge Prinz war schön, wie die Liebe, und die Liebe verhalf ihn auch zu einem Bilde seines Bruders. Seit einigen Monaten hatte er eine von den Kammermädchen so sehr nach seinem Geschmacke gefunden, und sie im Dienst der Liebe so gut befriedigt, daß sie ihm ein Gemählde des Königs zustellte, ohnerachtet ich allen Bedienten untersagt hatte, ihm nichts ohne meine Erlaubniß zu geben. Der unglückliche Prinz erkannte sich in dem Gemälde, und zwar um so viel mehr, da Ein Bild dem einen und andern dienen kann. Dieser Anblick setzte ihn in eine solche Wuth, daß er zu mir lief, und in die Worte ausbrach: Sehen Sie

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_101.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)