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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Gefangene also zwar eine wichtige aber damals unbekannte Person gewesen, und daß dem Minister daran sehr viel habe liegen müssen, seinen Namen nicht bekannt werden zu lassen, weil er den Befehl ertheilt, auf ihn zu schießen so bald er sich zu erkennen geben würde.

Ferner erhellt – und diese Bemerkungen sind sehr auffallend – daß überall, wo sich dieser Unglückliche befand, auf der Insel, auf der Reise, in Paris, seine Gestalt nie gesehen werden durfte.

Sein Gesicht hätte also in ganz Frankreich das Geheimniß des Hofes verrathen können. Endlich ist noch zu bemerken daß der Befehl sich zu verhüllen, von Mazarins Tode an, bis an sein eignes Ende fortdauerte, und die Regierung ihre Vorsicht so weit trieb, daß sie sein Gesicht nach dem Tode entstellte, oder, wie andre sagen, ihn ohne Kopf begraben ließ.

Sein Gesicht konnte ihn also ein halbes Jahrhundert hindurch und von einer Grenze Frankreichs bis zur andern verrathen. Man hatte also, ein halbes Jahrhundert lang, in Frankreich eine merkwürdiges an allen Orten des Landes bekanntes Haupt, das mit dem Gefangenen, seinem Zeitgenossen eine auffallende Aehnlichkeit besaß. Und wer anders sollte jener seyn als Ludwig XIV, der Zwillingsbruder des letztern, der eben dadurch, daß er ihm ähnlich sah, so sehr gefürchtet ward? Das Staatsgeheimniß, oder vielmehr das Verbrechen Ludwigs des XIV. scheint demnach offen da zu liegen,

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_117.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)