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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

ausserhalb der Stadt eine Zusammenkunft mit dem Sultan, nach welcher sie sehr zufrieden auseinander giengen.

Unterdessen hatten sich einige Janitscharen, trotz dem Kontrakt, unter dem Vorwand, ihre Kameraden zu besuchen, in die Stadt eingeschlichen, wo sie ihrer Grausamkeit freien Lauf ließen. Sie drangen in die Kirchen, entweihten die Heiligthümer, drangen bis in das Begräbniß der Großmeister, wo ihre Habsucht große Schätze erwartete, von da stürzten sie wüthend in das Siechhaus, dieses erhabenste Denkmal der ritterlichen Gastfreiheit, warfen die Kranken heraus, bemächtigten sich der Silbergeschirre, aus welchen diese bewirthet wurden, und hätten ihre Grausamkeit noch weiter getrieben, wenn die Beschwerden des Großmeisters ihrer barbarischen Zügellosigkeit nicht Einhalt gethan hätten.

In der That war der Sultan selbst zu stolz auf seinen Ruhm, um diese Grausamkeit zu verstatten. Er wünschte vielmehr, daß die Ritter zugleich mit der Nachricht von der Eroberung, den Ruhm seiner Großmuth und unverletzlichen Treue in allen christlichen Staaten verbreiten möchten.

In dieser Absicht begab er sich in eigener Person zum Großmeister, suchte ihn über den schnellen Wechsel des Glücks zu trösten, machte ihm verschiedene sehr vortheilhafte Anträge, und sagte bei seiner Entfernung dem Großvezier ins Ohr: „Beim Mahomet, es kostet mir Ueberwindung diesen alten Mann aus seiner Wohnung zu treiben!“

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft10_160.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)