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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Instinktes verwandeln, der ihn von diesem Banne zurückzog, so ist sein vermeintlicher Ungehorsam gegen jenes göttliche Gebot nichts anders als – ein Abfall von seinem Instinkte – also, erste Aeußerung seiner Selbstthätigkeit, erstes Wagestück seiner Vernunft, erster Anfang seines moralischen Daseyns. Dieser Abfall des Menschen vom Instinkte der das moralische Uebel zwar in die Schöpfung brachte, aber nur um das moralische Gute darinn möglich zu machen, ist ohne Widerspruch die glücklichste und größte Begebenheit in der Menschengeschichte, von diesem Augenblick her schreibt sich seine Freiheit, hier wurde zu seiner Moralität der erste entfernte Grundstein geleget. Der Volkslehrer hat ganz recht, wenn er diese Begebenheit als einen Fall des ersten Menschen verhandelt, und wo es sich thun läßt, nützliche moralische Lehren daraus zieht, aber der Philosoph hat nicht weniger Recht, der menschlichen Natur im Großen zu diesem wichtigen Schritt zur Vollkommenheit Glück zu wünschen. Der Erste hat Recht, es einen Fall zu nennen – denn der Mensch wurde aus einem unschuldigen Geschöpf ein schuldiges, aus einem vollkommenen Zögling der Natur ein unvollkommenes moralisches Wesen, aus einem glücklichen Instrumente ein unglücklicher Künstler.

Der Philosoph hat recht, es einen Riesenschritt der Menschheit zu nennen, denn der Mensch wurde dadurch aus einem Sklaven des Naturtriebes ein freihandelndes Geschöpf, aus einem Automat ein sittliches Wesen, und mit diesem Schritt trat er zuerst auf die

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_006.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)