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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

solches Thier entgegen führen wollte. Er verfiel also darauf, eine gewisse Anzahl solcher Thiere immer um sich zu versammeln, er verschaffte sich eine Heerde; diese mußte er aber unter denjenigen Thieren suchen, die gesellig leben, und er mußte sie aus dem Stande wilder Freiheit, in den Stand der Dienstbarkeit und friedlichen Ruhe versetzen d. i. er mußte sie zähmen. Ehe er sich aber an diejenigen wagte, die von wilderer Natur und ihm an natürlichen Waffen und Kräften überlegen waren, versuchte er es zuerst mit denjenigen, denen er selbst an Kraft überlegen war, und welche von Natur weniger Wildheit besaßen. Er hütete also früher Schaafe, als er Schweine, Ochsen und Pferde hütete.

Sobald er seinen Thieren ihre Freiheit geraubt hatte, war er in die Nothwendigkeit gesetzt, sie selbst zu ernähren, und für sie zu sorgen. So wurde er also zum Hirten, und so lange die Gesellschaft noch klein war, konnte die Natur seiner kleinen Heerde Nahrung im Ueberfluß darbieten. Er hatte keine andre Mühe, als die Weide aufzusuchen, und sie wenn sie abgeweidet war, mit einer andern zu vertauschen. Der reichste Ueberfluß lohnte ihm für diese leichte Beschäftigung, und der Ertrag seiner Arbeit war keinem Wechsel weder der Jahrszeit noch der Witterung unterworfen. Ein gleichförmiger Genuß war das Loos des Hirtenstandes, Freiheit und ein fröhlicher Müssiggang sein Karakter.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_014.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)