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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Der Senat schickte also zu gewissen Zeiten eine Anzahl dieser Jünglinge auf das Land; nichts als ein Dolch und etwas Speise wurde ihnen auf die Reise mitgegeben. Am Tage war ihnen aufferlegt, sich verborgen zu halten; bey Nachtzeit aber zogen sie auf die Straßen und schlugen die Heloten todt, die ihnen in die Hände fielen. Diese Anstalt nannte man die Cryptia oder den Hinterhalt, aber ob Lykurgus der Stifter derselben war, ist noch im Zweifel. Wenigstens folgt sie ganz aus seinem Prinzip. Wie die Republik Sparta in ihren Kriegen glücklich war, so vermehrte sich auch die Anzahl dieser Heloten, daß sie anfiengen der Republik selbst gefährlich zu werden, und auch wirklich durch eine so barbarische Behandlung zur Verzweiflung gebracht, Empörungen entspannen. Der Senat faßte einen unmenschlichen Entschluß, den er durch die Nothwendigkeit entschuldigt glaubte. Unter dem Vorwand ihnen die Freiheit zu schenken wurden einmal während des peloponesischen Kriegs 2000 der tapfersten Heloten versammelt und, mit Kränzen geschmückt, in einer feierlichen Prozession in die Tempel begleitet. Hier aber verschwanden sie plötzlich, und niemand erfuhr, was mit ihnen geworden war. Soviel ist übrigens gewiß und in Griechenland zum Sprüchwort geworden, daß die Spartanischen Sclaven die unglückseligsten aller andern Sclaven, so wie die spartanischen freien Bürger die freiesten aller Bürger gewesen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_041.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)