Seite:De Thalia Band3 Heft11 047.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

lobenswürdig sind, in so fern sie alle Kräfte, die im Menschen liegen, zur Ausbildung bringen, insofern sie Fortschreitung der Cultur befördern, oder wenigstens nicht hemmen. Dieses gilt von Religions wie von politischen Gesetzen; beide sind verwerflich, wenn sie eine Kraft des Menschlichen Geistes fesseln, wenn sie ihm in irgend etwas einen Stillstand auferlegen. Ein Gesetz z. B. wodurch eine Nation verbunden würde, bey dem Glaubensschema beständig zu verharren, das ihr in einer gewissen Periode als das vortreflichste erschienen, ein solches Gesetz wäre ein Attentat gegen die Menschheit, und keine noch so scheinbare Absicht würde es rechtfertigen können. Es wäre unmittelbar gegen das höchste Gut, gegen den höchsten Zweck der Gesellschaft gerichtet.

Mit diesem allgemeinen Maasstab versehen, können wir nicht lange zweifelhaft seyn, wie wir den Lykurgischen Staat beurtheilen sollen.

Eine einzige Tugend war es, die in Sparta mit Hintansetzung aller andern geübt wurde, Vaterlandsliebe.

Diesem künstlichen Triebe wurden die natürlichsten schönsten Gefühle der Menschheit zum Opfer gebracht.

Auf Unkosten aller sittlichen Gefühle wurde das politische Verdienst errungen, und die Fähigkeit dazu ausgebildet. In Sparta gab es keine ehliche Liebe, keine

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_047.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)