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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Drakos Gesetze sind der Versuch eines Anfängers in der Kunst, Menschen zu regieren. Schrecken ist das einzige Instrument, wodurch er wirkt. Er straft nur begangenes Uebel, er verhindert es nicht, er bekümmert sich nicht darum, die Quellen desselben zu verstopfen und die Menschen zu verbessern. Einen Menschen aus den Lebendigen vertilgen, weil er etwas Böses begangen hat, heißt eben soviel, als, einen Baum umhauen, weil eine seiner Früchte faul ist.

Seine Gesetze sind doppelt zu tadeln, weil sie nicht allein die heiligen Gefühle und Rechte der Menschheit wider sich haben, sondern auch weil sie auf das Volk, dem er sie gab, nicht berechnet waren. War ein Volk in der Welt ungeschickt, durch solche Gesetze zu gedeyhen, so war es das atheniensische. Die Sklaven der Pharaonen, oder des Königs der Könige würden sich endlich vielleicht darein gefunden haben – aber wie konnten Athenienser unter ein solches Joch sich beugen.

Auch blieben sie kaum ein halbes Jahrhundert in Kraft, ob er ihnen gleich den unbescheidnen Titel, unwandelbarer Gesetze gab.

Drako hatte also seinen Auftrag sehr schlecht erfüllt, und anstatt zu nützen, schadeten seine Gesetze. Weil sie nehmlich nicht befolgt werden konnten, und doch keine andre sogleich da waren ihre Stelle zu ersetzen, so war es eben soviel, als wenn Athen gar kein

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_057.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)