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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

gegeben war, und murrten deßwegen gegen ihn, daß er ihre Erwartung hintergangen hatte. Sie vergaßen, daß der Gesetzgeber den Reichen eben so gut, als den Armen, Gerechtigkeit schuldig sey, und daß die Anordnung des Lykurgus eben darum nicht nachahmungswürdig sey, weil sie sich auf eine Unbilligkeit gründete, die zu vermeiden gewesen wäre.

Der Undank des Volks preßte dem Gesetzgeber eine bescheidene Klage aus. „Ehmals, sagte er, rauschte mir von allen Seiten mein Lob entgegen; jetzt schielt alles mit feindlichen Blicken auf mich.“ Bald aber zeigten sich in Attika die wohlthätigen Folgen seiner Verfügung. Das Land, das vorher Sclavendienste that, war jetzt frey, der Bürger bearbeitete den Acker jetzt als sein Eigenthum; den er vorher als Tagelöhner für seinen Creditor bearbeitet hatte. Viele ins Ausland verkaufte Bürger, die schon angefangen hatten, ihre Muttersprache zu verlernen, sahen als freye Menschen ihr Vaterland wieder.

Das Vertrauen in den Gesetzgeber kehrte zurück. Man übertrug ihm die ganze Reformation des Staats, und unumschränkte Gewalt, über das Eigenthum und die Rechte der Bürger zu verfügen. Der erste Gebrauch den er davon machte war, daß er alle Gesetze des Drako abschaffte – diejenigen ausgenommen, welche gegen den Mord und Ehebruch gerichtet waren.

Nun übernahm er das große Werk, der Republik eine neue Constitution zu geben.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_062.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)