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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

verloren, konnte in der ganzen übrigen Welt kein Athen mehr finden.

Die Verbannung war mit einer Confiscation aller Güter verbunden, den Ostracismus allein ausgenommen.

Bürger, welche durch außerordentliche Verdienste oder Glück zu einem größern Einfluß und Ansehen gelangt waren, als sich mit der Republikanischen Gleichheit vertrug, und die also anfiengen der bürgerlichen Freiheit gefährlich zu werden, verbannte man zuweilen – ehe sie diese Verbannung verdienten. Um den Staat zu retten, war man unrecht gegen einen Einzelnen Bürger. Die Idee welche diesem Gebrauche zum Grund liegt, ist an sich zu loben, aber das Mittel, welches man erwählte zeugt von einer kindischen Politik. Man nannte diese Art der Verbannung den Ostracismus, weil die Vota auf Scherben geschrieben wurden. Sechstausend Stimmen waren nöthig, einen Bürger mit dieser Strafe zu belegen. Der Ostracismus mußte seiner Natur nach meistens den verdientesten Bürger treffen, er ehrte also mehr, als er schändete – aber darum war er doch nicht weniger ungerecht und grausam, denn er nahm dem Würdigsten, was ihm das theuerste war, die Heimat. Eine vierte Art von Strafen bey Criminalverbrechen war die Strafe der Säule. Die Schuld des Verbrechers wurde auf eine Säule geschrieben, und dieß machte ihn ehrlos mit seinem ganzen Geschlechte.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft11_069.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)