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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

Als Bothen des Orest mir werth, bin ich schon arm,
So soll unedler Geiz doch nie mein Herz entweih’n.

Orest.
Bei allen Göttern! dieser Mann, dem heimlich du
Vermählet bist, ist werth, Orestens Freund zu seyn!

Elektra.
Ja, dieser ist der traurenden Elektra Mann.

Orest.
Gewiß, die Tugend bindet sich an keinen Stand!
Ein wundervoll Geschick beherrscht die Sterblichen.
Dort zeugt ein edler Vater einen Taugenichts,
Hier schlimme Eltern gute Kinder, öfters fand
Ich bei des Reichen Hochmuth Niedrigkeit,
Und hohen Sinn im niedrigen Gewand!
Wer mag die Räthsel lösen dieses Widerspruchs?
Ist nur mit Reichthum Glück gepaaret? – Ferne sei
Der Schmach-Gedanke! – oder mit der Dürftigkeit?
Doch Armuth zeugt Gebrechen, - aber zeugt auch Muth
Und Thatkraft; sie gab mir die Waffen in die Hand;
Ich steh’ zum Kampf bereit; jedoch wer ist so klug,
Daß er voraus entscheide, wessen Lanze siegt!
Doch besser ist’s, ich steh’ von diesen Fragen ab. - -
So ward auch diesem, ist er gleich im Land nicht groß,
Noch aufgebläht von Ahnen-Stolz, im niedern Stand
Und unter Niedrigen ein großes Herz zu Theil.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_024.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)